Mit großen Erwartungen auf den Erfolg des Albums “Das süsse Leben” waren Heiner und Angela Pudelko 1985 nach Portugal in den Urlaub aufgebrochen, doch nach der Rückkehr zeigte sich, dass der große Durchbruch für INTERZONE -wieder einmal- ausgeblieben war. Vordringlich aus kommerziellen Gründen kam Mitte 1986 damit das Ende von INTERZONE. Hans Wallbaum, ‘BiBi’ Schulz und Benjamin Hüllenkremer suchten sich neue Engagements, Ingo Bischof stieg stärker in die Arbeit als Studiomusiker ein. Anfang 1987 ging es auch bei Heiner Pudelko voran: seine neuen Demos kamen an und er erhielt ein von IDEAL-Frontfrau Annette Humpe vermitteltes Angebot der WEA für die Produktion eines Solo-Albums. Zuvor arbeitete er jedoch an einem ungewöhnlichen Album mit. „Sing“ hieß das Werk und war ein recht experimentelles Solo-Album des Ex-PASSPORT und SNOWBALL-Drummers Curt Cress. Pudelko wirkte hier nur auf einem einzigen Titel mit (“The Crezz”) und seine Stimme war zudem kaum zu hören. Aber er fand sich auf dem Album in einer illustren Runde von Gastmusikern wieder, darunter Stanley Clarke und Falco. Für Heiner mag es damals nur eine Episode gewesen sein, tatsächlich aber war es die Begegnung mit dem Mann, der vier Jahre später sein letztes Soloalbum produzieren sollte.

Davon ahnte jedoch im Oktober 1987 noch niemand etwas, als Heiner zusammen mit Annette Humpe und der alten INTERZONE-Mannschaft Wallbaum, Bischof, Lehr und Schulz nach Wolperath ins Tonstudio von Top-Produzent Conny Plank (u.a. EURYTHMICS, KRAFTWERK, ULTRAVOX) ging um dort sein erstes Solo-Album „Mein Schatz“ aufzunehmen. Doch genau wie bei “Das süsse Leben” war auch dieses Mal der Tod ungebetener Begleiter einer Pudelko -Produktion: Mitten in der Arbeit an seinem Album verstarb unerwartet Conny Plank und dies sollte noch nicht das Ende der schlimmen Nachrichten für Heiner Pudelko & Co sein. Bedingt durch die Umstände von Connys Tod dauerten die Aufnahmen in Wolperath, die nun unter Gareth Jones weitergeführt wurden, bis Anfang 1988; einige Titel des Albums wurden zudem Mitte Februar 1988 im Preussen Tonstudio Berlin nochmals abgemischt, woran wieder einmal Udo Arndt beteilig war. Nach den anstrengenden Aufnahmen erholten sich Heiner und Angela nochmals i Portugal; ein Urlaubstripp auf dem u.a. das Foto eines lächelnden Hener Pudelko entstand, welches später auf das Cover der Compilation “Mit artigsten Grüßen” kommen sollte.

Die Musikzeitschrift AUDIO schrieb über „Mein Schatz“: “Conny Planks letzte große Tat! Zwei Monate vor seinem Tod produziert der Studiofuchs im Team mit Annette Humpe das Solo-Debüt des Berliner Sängers Heiner Pudelko (Ex-INTERZONE): eine witzige Mischung aus Neuer Deutscher Welle und Schlager mit ironisch gebrochenen, pseudosentimentalen Texten.”

In der Tat war das Album „Mein Schatz“ ein Solo-Album Pudelkos und für die Musik der Gruppe INTERZONE zu Beginn der 1980ger Jahre eher untypisch. Trotzdem knüpfte es an die Arbeit von “Das süsse Leben” an und so machten sich Pudelko, Bischof, Schulz, Lehr und Wallbaum ernsthafte Gedanken über die Chancen für eine -zumindest kurzzeitige- Wiederbelebung der Rhythm’n’Blues-Formation. Ihre hochfliegenden Überlegungen erhielten jedoch ein jähes Ende als die Nachricht vom tragischen Tod von Leo Lehr eintraf; Lehr war kurz nach Ende der Aufnahmen zu “Mein Schatz” bei dem Verkehrsunfall verstorben, als er von einem Lastwagen erfasst und überfahren wurde. Dies war das endgültige Ende der Band INTERZONE.

Drei Auskopplungen aus „Mein Schatz“ veröffentlichte die WEA. Als erstes erschien mit „Christine” eine ungewöhnliche Pudelko-Produktion, bei der er weder die Musik ablieferte noch den Text beisteuerte; beides stammte aus der Feder von Annette Humpe. Wenig später erschien der Titelsong, der eine Gemeinschaftsarbeit von Pudelko und Humpe war mit der grandiosen B-Seite „Verrat”, die heute als Klassiker aus dem Pudelko-Repertoi nicht wegzudenken ist. “Christine erhielt eine Menge Airplay und plazierte sich auch in der deutschen Verkaufshitparade von Media Control. Dort waren 1988 aber andere Künstler die Abräumer: CAMOUFLAGE und OKAY! bestimmten mit ihrem Techno-Sound das Geschehen. Ein großer kommerzielle Erfolg blieb Pudelko zwar auch mit seinem ersten Solo-Album und den beiden Auskopplungen verwehrt. Doch gelang es ihm, sich mit dem Album als ernstzunehmender Interpret eines neuen deutschen Blues darzustellen, was er 1991 mit “Gloria” noch untermauern konnte. Ein dritter Versuch wurde gestartet um den Solo-Künstler Pudelko zu etablieren: Der Titel „Weinen“ mit der B -Seite „Dieser Tag wird einfach wunderbar” (und Lydia Auvray am Akkordeon) wurde aber ebenso kein Erfolg und wieder einmal war Pudelko rat- und geldlos - jedenfalls, was die ‘große Kohle’ anging. Hiervon brauchte und verbrauchte er inzwischen im täglichen Leben bereits eine ganze Menge und auch Außenstehende begannen zu erahnen, dass dieser Mann wußte, vovon er sang, wenn es um das Thema Kokain ging..

In der Folge nahm Pudelko deshalb auch weitere Angebote zur Zusammenarbeit mit anderen Musikern an. So sang er zum Beispiel Ende 1989 auf Heinz Rudolf Kunzes Album „Gute Unterhaltung” im Background mit und gab damit der Produktion „Die langen Messer der Nacht” durch seine unverwechselbare Stimme eine eigene Note.. Pudelko Lebensmotto zu dieser Zeit hatte er selbst bereits 1985 in “So was Süsses wie Du” drastisch geschildert: “Du schlägst Dich so durch mit diesem und jenem, Du hast keine Angst, Du weißt Dir zu nehmen, was da so rausläuft aus den Lebens Stumpf...”. Und er nahm sich, was kam; so etwa ein Angebot des Senders Freies Berlin/SFB, für die Jugendsendung „Moskito“ Songs zu schreiben. Einer dieser Songs war der Titel „Stricher“, musikalisch eine frühe Version von „Wahnsinnig“ aus dem „Gloria“-Album. Textlich war „Sricher“ eine Parteinahme für Typen, wie sie Pudelko auch privat immer wieder studierte. Und wenn man es will, kann man in „Stricher” sogar eine Fortsetzung von „Böser Vati“ sehen, nur, dass der Junge nun nicht mehr „...’n bisschen Scheiße am Schuh...“ hatte, sondern bereits tief in selbige abgerutscht war und in der Drogen- und Beschaffungskriminalitätsszene fest saß.

November 1989: Der Fall der Mauer in Berlin. Euphorie in der alten und neuen Hauptstadt; Aufbruchstimmung, die sich auch auf Pudelko übertrug. Mitte 1990 hatte Heiner sein Karriere-Tief überwunden. Zehn Jahre stand der Mann mit dem Zopf nun schon in der Öffentlichkeit und wollte immer noch ganz nach oben. Doch seine Heimat, das alte Kreuzberg, die INTERZONE-Mauer am Potsdamer Platz, all das gab es nun nicht mehr. Berlin hatte seine Unschuld verloren und man konnte erahnen, dass es bei offenen Grenzen langsam aber sicher zur Hure verkommen würde.

Jetzt war für Heiner die Zeit sich zu entscheiden, ob er mit seinen alten Musikerkollegen aus Berlin einen weiteren Versuch unternehmen oder sich aus der Berliner Musikszene, vom Kiez und Milieu verabschieden sollte. In seinem Text “Sag die Wahrheit” brachte Pudelko diese Frage auf den Punkt. Zwanzig Ideen und Demos hatte er in den letzten Monaten fertiggestellt - alles brillante Themen und genügend Material für ein neues Soloalbum. Die Entscheidung, ob die DDR der BRD beitreten sollte: er brachte sie in “Kleine Schwester Ost” umwerfend komisch auf den Punkt. “Stricher” hatte er überarbeitet und unter dem neuen Titel “Wahnsinnig” in ein neues Kleid gesteckt. Dazu kamen Überbleibsel aus der Zusammenarbeit mit Annette Humpe, wie der Titel “Ärger”, geschrieben von den Humpe- Schwestern.

Pudelko traf Anfang 1991 auch eine weit reichende Entscheidung: die räumliche Trennung von Berlin. Damit war auch klar, dass weder Udo Arndt noch Annette Humpe weiter für ihn produzieren würden und könnten. Dieses Mal stand allerdings die WEA hinter ihm, stellte viel Geld für die neue Produktion bereit und vermittelte Heiner Pudelko einen erfahrenen Produzenten: Curti Cress.

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